Unter digitale Gewalt fallen alle Formen von Gewalt, die sich technischer Hilfsmittel und digitaler Medien bedienen und Gewalt, die im digitalen Raum, z.B. auf Online-Portalen oder auf sozialen Plattformen stattfindet.
Digitale Gewalt
Digitale Gewalt
Unter digitale Gewalt fallen alle Formen von Gewalt, die sich technischer Hilfsmittel und digitaler Medien bedienen und Gewalt, die im digitalen Raum, z.B. auf Online-Portalen oder auf sozialen Plattformen stattfindet. Ziel der Täter/innen ist es, Macht und Kontrolle über ihre Opfer auszuüben und sie mittels digitaler Medien zu diffamieren und zu erpressen. Wir gehen davon aus, dass digitale Gewalt nicht getrennt von „analoger Gewalt“ funktioniert, sondern meist eine Fortsetzung oder Ergänzung von Gewaltverhältnissen und -dynamiken darstellt.
Die fast vollständige Digitalisierung unseres Alltags bietet unglaubliche Möglichkeiten für unser soziales Leben. Sekundenschnell und von überall aus können wir miteinander in Kontakt treten, Fotos, Videos und Nachrichten übermitteln oder an Gruppen-Chats teilnehmen, die auf mehreren Kontinenten gleichzeitig stattfinden – und wir können uns dabei sogar auf dem Bildschirm sehen. Doch die Vorteile der Digitalisierung bringen auch eine Vielzahl neuer Angriffsmöglichkeiten und Gewaltformen mit sich, die mit Hilfe digitaler Kommunikationsmittel übers Internet ausgeführt werden.
Digitale Trennung
Wenn Sie sich von Ihrem Partner trennen, ist es wichtig, dass diese Trennung auch digital stattfindet. Das bedeutet, dass digitale Geräte und Accounts in Zukunft getrennt voneinander genutzt werden und Sie dabei die alleinige Kontrolle und Bestimmung über Ihre digitalen Geräte und Accounts gewinnen. Dies gilt auch für gemeinsame Verträge, die nun aufgelöst werden sollten. Besonders wichtig ist dies, wenn Ihre Beziehung bereits von Kontrolle, Grenzverletzungen oder Gewalt geprägt war.
Mit dieser Checkliste können Sie prüfen, ob Sie auch alles bedacht haben: https://antistalking.haecksen.org/einstiegsfragen/digitale-trennung
Wenn Sie diese digitale Trennung vollziehen, wird ihr (Ex-)Partner das sehr wahrscheinlich mitbekommen. Wenn Sie befürchten, dass er dies zum Anlass nehmen könnte, Sie auf andere Weise zu bedrohen, nehmen Sie am besten vorher Kontakt zu einer Beratungsstelle wie PATCHWORK auf und besprechen Sie dort Ihr Vorgehen.
Wichtig zu wissen
Geraten Sie nicht in Panik: Analysieren Sie realistisch, was die Risiken sind. Welche Absichten hat der (potentielle) Täter? Will er Ihnen nachstellen? Will er Sie durch Drohungen einschüchtern? Will er Rache üben? Welche Möglichkeiten hat er? Wie gut sind seine technischen Kenntnisse (und die seiner Freunde)? Wie viel Kontrolle hat die Betroffene über Ihre eigenen Geräte und Accounts? Haben Sie diese selber eingerichtet? Sind ihre Passwörter nur Ihnen bekannt?
Was können Sie sofort tun?
- Für jede App und jedes Account insbesondere auch ihr Google-Account oder AppleID müssen Sie die Passwörter ändern und sicher machen. Wir empfehlen: https://digitalcourage.de/digitale-selbstverteidigung/sicherheit-beginnt-mit-starken-passwoertern
- Installieren Sie eine Zwei-Faktor-Authentifizierung wo möglich
- Deaktivieren Sie GPS, Bluetooth und W-LAN auf den mobilen Geräten und schalten Sie sie nur ein, wenn sie gebraucht werden
- Sammeln Sie Anhaltspunkte und Beweise. Je konkreter Sie uns in der Beratung beschreiben können, was Sie zum Verdacht bringt, dass ein Gerät angegriffen wurde, desto besser können wir beurteilen, wie es sich schützen lässt. Machen Sie Fotos und Screenshots
- Gehen Sie die Programme und Apps auf ihren Geräten durch. Welche davon haben Sie selbst installiert? Welche brauchen Sie überhaupt? Deaktivieren Sie Apps, die Sie nicht nutzen oder kennen. Löschen Sie diese allerdings nur dann, wenn Sie keine Beweise sichern möchten.
Wir empfehlen auch dieses Information: https://www.gewaltgegenfrauen.de/med/bff-sicher-mit-smartphone.pdf
Cyberstalking
Bei dem Begriff Cyberstalking handelt es sich um alle Vorgänge, einen Menschen mit Hilfe des Internets und anderen digitalen Medien (Mobilfunk, GPS) auszuspähen und zu verfolgen.
Im Einzelnen kann das sein:
- Belästigende Anrufe und/oder Nachrichten
- Überwachung des Standorts mittels GPS-Ortung am Smartphone
- Mitlesen von E-Mails
- Ausspähen von Informationen über die betroffene Person
Unser Tipp: Wenn die Standortfreigabe/GPS sich nicht ausschalten lässt, kann das ein Hinweis auf Cyberstalking sein. Das Zurückstellen auf Werkseinstellung ist oft die Maßnahme der Wahl.
Wir empfehlen: https://antistalking.haecksen.org/einstiegsfragen/was-ist-cyberstalking
Identitätsdiebstahl
Wenn jemand einen Account unter Ihrem Namen und mit Ihrem Bild angelegt hat und dort Dinge hochlädt oder teilt, die Sie in schlechtem Licht dastehen lassen, oder andere beschimpft oder beleidigt, spricht man von Identitätsdiebstahl. Es kann auch vorkommen, dass Täter Accounts mit Ihrem Namen und Bild auf Dating-Plattformen anlegen und Sie dann plötzlich von fremden Menschen kontaktiert werden. Auch die Bestellung von Ware im Namen der Betroffenen gehört dazu.
Identitätsdiebstahl oder Identitätsmissbrauch haben oft schwerwiegende Konsequenzen. Accounts im Namen anderer anzulegen, um ihnen damit zu schaden oder wehzutun, ist illegal und kann strafrechtliche Konsequenzen haben. Das Wichtigste ist, die Inhalte zu sichern und zu dokumentieren, z.B. per Screenshot und mit der Angabe von Datum und Uhrzeit. Informieren Sie anschließend die Verantwortlichen der jeweiligen Plattform und fordern Sie sie auf, den Account zu löschen oder zu deaktivieren.
Wir empfehlen: https://antistalking.haecksen.org/einstiegsfragen/situation-fakeprofile
Doxing
Doxing beinhaltet die Veröffentlichung von privaten Informationen ohne Zustimmung der betroffenen Person. Doxing steht für „Dropping Dox“ („Dox“ = Dokumente). Das Ziel von Doxing ist es, die betroffene Person einzuschüchtern und ihr das Gefühl zu vermitteln, dass man alles über sie weiß. Motiv kann z.B. Rache nach einer Trennung oder einer Ablehnung sein. Doxing kann zu einer großen Verunsicherung und generellem Misstrauen der Betroffenen gegenüber dem Umfeld führen. Teilweise bewirken Ängste und das permanente Bedrohungsgefühl den Rückzug aus der Öffentlichkeit oder auch aus dem sozialen Umfeld.
Wir empfehlen: https://hateaid.org/doxxing/
Online Belästigung, Diffamierung, Beleidigung und Bedrohung
Belästigung, Diffamierung, Beleidigung, Bedrohung durch digitale Kommunikationsmittel führt bei Betroffenen zu psychischer Belastung, sozialem Rückzug und Angst. Häufig werden belästigende, beleidigende oder herabwürdigende Nachrichten per SMS, E-Mail, Soziale Netzwerke oder als Kommentar versendet. Auch die bildbasierte Gewalt, die Flut an Nachrichten (Cyberharassment), falsche Einträge oder Fakeprofiles gehören dazu.
Blockieren und Melden des Täters sind häufig möglich. Auch hier müssen Beweise gesichert, Betreiber von Plattformen kontaktiert und Täter ggf. angezeigt werden.
Wir empfehlen: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/digitale-gewalt-material/broschuere-digitale-welten-digitale-medien-digitale-gewalt.html
Bildbasierte Gewalt
Unter bildbasierter Gewalt wird einerseits das heimliche und mit fehlender Zustimmung Anfertigen von Fotos verstanden und andererseits das Verbreiten dieser Fotos. Aber auch das Verbreiten von Bildern, die grundsätzlich mit Zustimmung gemacht wurden, gehört dazu.
Bildbezogene Gewalt kann strafbar sein und verschiedene Straftatbestände umfassen. Allerdings bleibt der Täter oft im Verborgenen und kann nicht eindeutig identifiziert werden.
Bei über 18jährigen Betroffenen kann StoppNCII, ein kostenloses Tool zur Unterstützung und ggf. Löschung von nicht einvernehmlich geteilten intimen Bildern (NCII) eingesetzt werden: https://stopncii.org/
Wir empfehlen: https://annanackt.com/was-tun